Tollhaus

Mal wieder ein Teaser oder eben einfach eine angefangene Story....mal schauen was drauß wird ;o)


Prolog

Denn die einen sind im Dunkeln

Und die andern sind im Licht.

Und man siehet die im Lichte

Die im Dunkeln sieht man nicht.

Die Moritat von Mackie Messer, Dreigroschenoper (Bertolt Brecht/Kurt Weill)



***Wien, Alsergrund, 20. April 1784***

Mit der trügerischen Ruhe war es seit einem Tag vorbei.

Bei Nacht und Nebel wurden etliche verwahrloste Menschen in die kleinen Zellen getrieben und eingesperrt. Wilden Tieren gleich gebärdeten sich die geschundenen Männer und Frauen, was dazu führte, dass sie kurze Zeit später in schweren Ketten lagen.

Dumpfes Stöhnen, irres Kreischen und Jammern hallte hundertfach von den steinernen Wänden wider - eine nicht enden wollende Kakophonie des Grauens.

Stockwerk um Stockwerk wurde das Bauwerk erbarmungslos mit der bedauernswerten Fracht befüllt und schon bald war die Luft schwanger von dem Geruch von Fäkalien und anderen menschlichen Ausscheidungen.

Die runde Bauweise und die schmalen, schießschartengleichen Fenster taten ihr übriges, dieses ganz spezielle Odeur innerhalb der roten Backsteinmauern zu halten. Ganze fünf Etagen hoch, jede mit jeweils 28 Zellen versehen und gleichsam einer Nabe eines Wagenrades um den dunklen Innenhof angeordnet, wurde der Turm am Rande des großen Spitals eilends in den Wiener Himmel geschraubt. Die radiale Exaktheit des Gebäudes war grandios und suchte zu dieser Zeit Ihresgleichen.


Jahrtausende lang sah man böse Geister, Teufel und Dämonen als die satanischen Urheber von ungewöhnlichem menschlichen Verhalten, Geistesstörungen und Wahnsinn an. Die sogenannten Besessenen wurden deswegen mit dementsprechend rustikalen, inquisitionellen Methoden behandelt. Noch im 18. Jahrhundert war es durchaus üblich "theufflischen" Irrsinn mit Peitschenhieben auszutreiben und die Tollen (zusammen mit anderem lichtscheuen Gesindel) in Narrenkoben, also öffentlich zugänglichen ‚Gehegen’, zur Schau zu stellen.

Umso erstaunlicher empfanden deswegen viele das starke persönliche Interesse Kaiser Josefs II. an den besagten Wahnwitzigen und vor allem an dem Bau des riesigen Narrenturms, welcher nichtsdestoweniger mehr einem mittelalterlichen Festungsbau glich, als einer Anstalt für die Verrückten Wiens.

Viele fragten sich, was den Habsburger dazu bewegte, den Auftrag zum Neubau des ersten Spezialinstitutes für Geisteskranke auf dem Gelände des Allgemeinen Krankenhauses in Wien zu geben, vor allem aber kritisierte man, dass nicht die bereits vorhandene Infrastruktur für das zukünftige Irrenhaus genutzt wurde. In den Augen der Österreicher war dies ein Skandal, eine unheimliche Verschwendung von Geld und Ressourcen für die sogenannten Unreinen, aber alle Versuche den Monarchen umzustimmen scheiterten kläglich und wurden mehr oder minder schroff abgewiesen.

So fügte man sich zähneknirschend dem Willen Seiner Majestät und der "Guglhupf", wie das Irrenhaus dank des morbiden Humors der Wiener im Volksmund genannt wurde, nahm rasch Gestalt an.

Schon im Vorfeld und während der Bauphase schürte das seltsame Verhalten des Monarchen die höfische Gerüchteküche, denn er machte es sich zur Angewohnheit mehrmals die Woche die ‚Gloriette’, ein kleines achteckiges Türmchen hoch auf dem Dach des Bauwerkes, zu besteigen um dort Stund um Stund zu verweilen. Gerüchten zufolge hatte der alternde Regent sehr großen Einfluss auf die Baupläne genommen, es hieß sogar, er hätte höchstpersönlich in einer handschriftlichen Anweisung festgelegt, wann und in welcher Reihenfolge die Patienten den Narrenturm zu belegen hatten.

Dunkle Wolken zogen am bleiernen Abendhimmel auf, während der Kaiser seinen Blick schleppend über die große Stadt schweifen ließ, die sich zu seinen Füssen ausbreitete.

Er fühlte sich leer, verbraucht, zu viele Jahre hatte er bereits in unzählige Gebete, nicht alle an den einen Gott gerichtet, investiert, um seine geliebte Isabella wieder in die Arme schließen zu können. Keine göttliche Entität bedachte ihn jedoch mit einem Wunder. Seine letzte Hoffnung auf die langersehnte Wiedervereinigung lag nunmehr hier, in den Händen eines Doktors der Medizin, dessen eigenwillige Praktiken sich ihm zwar nicht erschlossen, doch war er gewillt, diesen letzten Strohhalm des Schicksals mit beiden Händen fest zu packen.

Vereinzelt zuckten bereits grelle Blitze in einiger Entfernung durch die dunkle Wolkendecke über der Donaumetropole.

Langsam drehte sich der erschöpft wirkende Fürst zu seinem Begleiter um und blickte ihn mit müden Augen an.

„Und ist er sich ganz sicher, dass das heutige Ereignis von Erfolg gekrönt sein wird?“

„Selbstverständlich, Euer Majestät!“, antwortete der Mann in dem weißen Arztkittel ergeben.

„Wir haben viel zu viel Geld und vor allem Hoffnung in dieses Projekt gesteckt, als dass es ein Misserfolg werden darf. Unsere Kritiker warten nur auf einen Fehltritt, um dann wie die Geier über uns und die Monarchie herzufallen!“, fügte der Herrscher ruhig an.

„Sorgt Euch nicht, Euer Hoheit!“, begann der junge Doktor die Majestät zu beruhigen. „Meine Berechnungen fußen auf dem unabänderlichen Lauf der Sterne!“

„Der Lauf der Sterne interessiert uns herzlich wenig!“, unterbrach Kaiser Josef II. sein Gegenüber barsch. „Die Wiederkehr unserer geliebten Gemahlin ist das einzig erstrebenswerte Ziel!“


***


Das verheerende Unwetter hatte nunmehr endgültig die Alsergründe erreicht und schwere Regentropfen prasselten hart an das Mauerwerk des Narrenturms.

Der monotone Singsang der drei knieenden Gestalten in der schmalen Zelle schaffte es kaum die klagenden Schreie der eingeschlossenen Geisteskranken zu übertönen.

Anders als die anderen Räume war dieser nicht mit grobem Stroh ausgelegt, vielmehr war hier der aus bearbeitetem Stein bestehende Boden säuberlich gefegt worden und schlichte weiße Altarkerzen, in einem schmalen Kreis um einen prunkvoll verzierten Sarkophag aus schwarzem Granit angeordnet.

Sie bildeten einen ungewöhnlichen Kontrast zueinander und die Schatten der flackerten Kerzenflammen zeichneten immer wieder dunkle Schemenbilder in die Düsternis des Raumes. Ein blutiger, silberner Dolch lag wie zur Dekoration auf dem massigen Sargdeckel. Mystische kreidene Symbole zierten den Boden aller vier Ecken des Raumes, miteinander verbunden durch eine dünnen Linie.

Von Anfang an war diese Kammer nur einem bestimmten Zweck gewidmet, nie sollte einer der gewöhnlichen Insassen der Anstalt hier eine Heimstatt finden, nichts desto trotz kannten nur einige wenige die Bewandtnis, die es mit der Zelle 140 auf sich hatte.



Immer wieder erhellten vorbeizuckende Blitze das stattfindende Ritual und beleuchteten das geschundene Gesicht eines Mannes, welcher nackt an ein Andreaskreuz an der östlichen Wand der steinernen Kammer gefesselt war.

„Ihr seid wahnsinnig!!!“, fast von Sinnen vor Schmerz und Wut spie der Gefesselte die Worte den Anwesenden entgegen.

Kurz unterbrach einer der am Boden kauernden Peiniger den zeremoniellen Gesang und erhob sich gemächlich.

„Macht es euch doch nicht so schwer werter Graf von Seilern.“, sagte der Arzt, der vor kurzem noch mit dem Kaiser der österreichisch-ungarischen Monarchie auf der Gloriette des Narrenturms gesprochen hatte. „Wenn ihr euren Geist öffnet, wird das Ritual viel schneller vonstatten gehen und außerdem wäre es dann nicht so schmerzhaft für euch!“

„Sie wissen ja nicht, was Sie anrichten, Eisler!“, schrie von Seilern.

„Nicht doch! Nicht doch!“, antwortete Dr. Eisler ruhig. „Ich weiß es sehr genau und ihr auch. Nur der alte Narr da oben auf dem Turm denkt immer noch, dass ich mit eurer Hilfe seine verschiedene Gemahlin den Fängen des Jenseits entreiße.“

„Selbst das wäre kompletter Wahnsinn!“, dunkles Blut rann aus vielen kleinen Schnitten über von Seilerns Körper. „Und das was sich dort in dem Sarg befindet ist viel älter als der Leichnam der verstorbenen Kaiserin!!“

„Das wissen Sie und ich.“, stellte der Arzt gelassen fest. „...und so wird es wohl noch eine Weile bleiben.“

Wiederum ergriff Eisler den Silberdolch und setzte einen weiteren schmerzhaften Schnitt auf der Brust des gequälten Grafen.

Der Arzt näherte sich dem Gesicht des Gefesselten, so nahe, dass er den metallischen Geruch des trocknenden Blutes wahrnehmen konnte. Wilde Gier flammte in seinen Augen auf.

„Lass dich fallen und gib uns deine Energie freiwillig hin!“, flüsterte Eisler dem Gefangenen fast lüstern zu. „...wobei so wie es jetzt läuft, es mir viel mehr Vergnügen bereitet!“

Genüsslich setzte Eisler einen weiteren Schnitt und von Seilern heulte wiederum auf.

Währenddessen hatte das Gewitter seinen Zenit erreicht, beinahe minütlich zuckten gleißend helle Blitze gen Erdboden. Vereinzelt schlugen sie in eine der vier schmiedeeisernen Spitzen des Narrenturmes ein und wurden zu Boden, ins Zentrum des Turmes, geleitet, wo sie auf eine abstrakte Anordnung verschiedenster technischer Apparaturen trafen.

"Die Zeit ist nahe!" Auf einen Wink des Arztes stoppten die beiden anderen abrupt ihren Gesang.

Ein leises Sirren hallte in von Seilerns Ohren nach.

"Bringt die Krone und gürtet ihn!"

Eifrig erhoben sich Eislers Helfer und machten sich an der dem Kreuz zugewandten Seite des Sakophargs zu schaffen. Einen Augenblick später fand sich der Gekreuzigte mit einem Metallband gekrönt, verbunden mit einem Strang der aus dem Boden zu wachsen schien. Eine schwere Kette fraß sich unbarmherzig in die offenen Schnittwunden an seiner Hüfte, das andere Ende war straff mit dem Granit des Sarges verbunden.

Zufrieden hieß der Mediziner die beiden Handlanger erneut Aufstellung beziehen und gratulierte sich insgeheim bereits zu seinem Erfolg.

Praktischerweise erforderte die Bauweise des Turmes keine große Anzahl von Aufsehern, so waren die beiden anderen Männer im Raum neben ihm die einzigen, die heute nacht ohne Fesseln, im Areal der Anstalt verblieben waren.

"Ich werde sie nach dem Ritual wohl töten müssen’, überlegte Eisler kurz, besann sich aber und ergänzte in Gedanken ‚Nein, das wird Sie bestimmt erledigen!!“

Immer wieder erzitterten die schweren Wände, wenn sich Donner und Blitz entluden.

Mit einem selbstgefälligen Lächeln platzierte der Arzt den Dolch wieder auf dem Steinsarg. Nahezu ehrfürchtig kniete er sich wieder zu den anderen und sie nahmen erneut den arkanen Gesang auf, während sich langsam ein bläuliches Glühen ausbreitete, das aus dem schwarzen Granit zu sickern schien.


Kapitel 1

Servas oida, hab di ewig ned gsegn
kumm, dazöh ma, was is ollas so gschegn
ja, i woa laung nimma da
owa jetzt bin i unhamlich froh
i bin wieder in Wien
oh, i bin wieder in Wien
Georg Danzer, Wieder in Wien



***Ulm, Allianz Deutscher Länder im Dezember 2064***


Der modrige Kellergeruch war gepaart mit dem einer versifften Bahnhofstoilette und hielt sich zäh in dem überaus kleinen Raum.

Außer einer alten, fleckigen Matratze und einigen Kistchen aus dünnem Plastcrete, die als Nachttischchen dienten, enthielt das kahle Zimmer nichts nennenswertes. Kaum persönliche Gegenstände verrieten etwas über den Nutzer dieses Ortes und das war auch genauso beabsichtigt.



Der kleine Handgelenkskommunikator piepste schrill und riss die junge Frau mit seiner Weckfunktion jäh aus ihrem unruhigen Schlaf.

Die digitalen grünen Zahlen beleuchteten ihr verschlafenes Gesicht und zauberten eine - selbst in der erwachten Welt – surreal, ungesunde Gesichtsfarbe auf ihr Antlitz.

So verschlafen musste sie sich erst einmal orientieren um wieder in Erinnerung zu rufen, wo sie sich befand.

So erging es ihr immer, wenn sie nach einem anstrengendem Run in einer ihrer vielen Zufluchtsstätten unterkam und konnte durchaus einen entscheidenden Nachteil im Überlebenskampf des erbarmungslosen Asphaltdschungel der Schatten bedeuten.

Bruchteile von Sekunden, ja sogar Millisekunden, entschieden ständig über Leben oder Tod; selbst wenn man schlief.

Ihre vercyberten Chummer hatten in dieser Hinsicht ihr gegenüber natürlich einen unschätzbaren Vorteil. Kleine mechanische Pumpen, Computerchips und Drähte oder gar eingebaute künstliche Drüsen sorgten bei den sogenannten Straßensamurais dafür, dass sie immer sofort von Null auf den sprichwörtlichen Hundert waren, egal wie rüde oder sanft sie aus dem Schlaf gerissen wurden.

Gut, so manche Geliebte oder Ehefrau eines verdrahteten und verchippten Sammys bezahlte dies auch schon mal mit ihrem Leben, weil sie ihren Angebeteten im Schlaf erschreckte. Es gab sogar nicht wenige Psychopathen die die eingebauten Sicherheitseinrichtungen und Dämpfer der Cyberware bewusst umgingen um sich einen Vorteil zu verschaffen, was die Folge hatte, dass Unvorsichtige schon wegen eines annähernd realitätsnahen Alptraumes des Straßenkämpfers starben.

Ihre eigene Macht barg natürlich auch immense Vorteile, aber mindestens ebenso viele Nachteile. Stingray konnte die ganzen technischen Vorteile der neuen Zeit nicht in vollen Umfang nutzen, ohne das Sie das Gewebe der Macht -ihre eigene Essenz- dauerhaft beschmutzte, beschädigte oder gar zerstörte. Sogar bei medizinischen Notfällen, was bei ihrem Job quasi auf der Tagesordnung stand, musste streng darauf geachtet werden, dass ihr wirrer Straßendoc irgendeinen genetisch veränderten Scheiß injizierte. Aus diesem Grund briefte sie auch immer die Chummer die sie auf ihren Runs begleitete, was im Fall der Fälle zu geschehen hatte.

Schnell schüttelte die Runnerin die Gedanken an Essenz und die möglichen Vorzüge von Cyber- und Bioware über Bord und machte sich träge ans Aufstehen.

Sie nutzte diese Räumlichkeit nicht gerne, aber nach dem letzten Run musste sie ihren persönlichen 'save haven', einen alten Kellerraum eines noch älteren Pubs nutzen.

Sie zahlte dem schmierigen Kneipenbesitzer eine verhältnismäßig horrende Summe für diese Abstellkammer, aber jeder Schattenläufer war in einer brenzligen Situation sehr froh über eine solche Zufluchtsstätte.

Froh und vor allen Dingen am Leben!

In dieser schmuddelligen Absteige würde sie sicher niemand vermuten. Kein Mr. Johnson, kein Dr. Nowak, kein Herr Schmidt, oder wie sich ihre zwielichtigen Auftraggeber landesüblich sonst zu nennen pflegten.
Die Kneipe hieß Stahlhammer und war wie der Name schon erahnen ließ, ein Tummelplatz für die ansässige Shock-Metall-Szene.
Metallischer Retro-Teutonen-Rock hämmerte ihr am Abend zuvor nach dem Betreten der Kneipe hart entgegen.
Der widerliche Gastwirt machte immer noch einen genauso öligen Eindruck wie der gesamter Laden.
Sein haariger Oberkörper gepaart mit einer abgewetzten schwarzen Lederhose verstärkte den ersten Eindruck noch mehr. Seine vielen Tattoowierungen hatte er sich anscheinend von irgendeinem Squatter auf einem der unzähligen Hinterhöfe mit einer stumpfen Nadel ritzen lassen.
Stingray war dies jedoch egal.
Sie ließ sich nicht durch die scheelen Blicke der mit allerlei Drogen zugedröhnten Gäste stören.
An dem Abend nach dem Run war sie froh gewesen, dass sie von dem Typen schnell durch die diversen Hinterzimmer in "ihren" Kellerraum geführt wurde und schon bald übermannte Sie die Erschöpfung.
Wiederum begann ihr Kommunikator zu piepsen, aber dieses Mal war es kein Wecksignal sondern ein Anruf.
Viele erfahrene Runner würden jetzt mit den Augen rollen und vorwurfsvoll auf die Gefahr des Geortetwerdens über dieses technische Spielzeug hinweisen, aber die Hermetikerin hatte sehr viel Geld für eine weitere Sicherung ausgegeben.
Sollte jemand auf die Idee kommen, Sie über ihren Kommunikator ausfindig zu machen, so würde er feststellen, dass Sie sich offensichtlich im Rhein-Ruhr-Metroplex mitten in der verseuchten Zone befand - viel Spaß beim Suchen, Arschloch!
Den Segnungen der Matrix und wie gesagt, ein horrender Obolus an einen Decker der mindestens in der ersten Liga seiner Zunft mitspielte, sei Dank.
"Hallo!", wie erwartet blieb ihr kleine Bildschirm am Handgelenk schwarz und auch sie hatte nur ein Standbild ihrer gefälschten SIN-haftigen Identität online.
"Geht es Ihnen gut?", fragte eine absurd verzerrte Stimme durch den kleinen Lautsprecher.
"Es geht so!", antwortete Stingray und hoffte cool genug zu klingen. "Ich hoffe der Auftrag wurde zu Ihrer Zufriedenheit ausgeführt!"
"Seien Sie sich sicher, dass wenn es nicht so wäre, Sie es als Erste erfahren hätten!", die Standardantwort eines jeden Schmidts in den Schatten. "Es ist jedoch bedauerlich, dass Ihr Samurai-Kollege den Run nicht überlebte."
"Ich konnte nicht alle Geister abwehren, es waren einfach zu viele und überhaupt, wer erwartet von einer kleinen Firma schon, dass sie ihr Gelände mit solchen Mächten schützt! Das ist ja fast so, als würde an mit Kanonen auf Spatzen schießen!", versuchte sich die junge Frau zu rechtfertigen.
"Ich verstehe, aber ehrlich gesagt ist mir das Schicksal ihres Runnerkollegen herzlich egal! Messerklauen gibt es wie Sand am Meer und außerdem wurden sie zum Sterben geboren. Der Auftrag wurde zu meiner Zufriedenheit ausgeführt, dass ist das einzige was zählt! Den Anteil ihres verschiedenen Teamkameraden können Sie natürlich behalten und unter den andern aufteilen.", diese Praxis war durchaus unter den Schattenläufern und deren Auftraggebern üblich.
Einige Teams teilten den "überschüssigen" Anteil unter sich auf, andere gaben den letzten Lohn die Hinterbliebenen wenn es welche gab, oder diese bekannt waren.
"Klar!", die Magierin verabscheute es so kaltherzig sein zu müssen, aber das Leben in den Schatten war eben kein Zuckerschlecken oder gar ein gemütlicher Sonntagsausflug.
"Aber ich rufe Sie nicht an um eine solch banale Konversation mit Ihnen zu betreiben", schnarrte die Stimme geschäftsmäßig. "Interesse an einem weiteren Auftrag?"
"Sicher!", antwortete Stingray fast ein wenig zu schnell.
"Ihr Weg wird sie in nach Wien in Ihre alte Heimat führen.“; der Schmidt verharrte kurz in seiner Ansprache und wartete eine mögliche Reaktion der Zauberin ab. Als diese ausblieb fügte er an: „Dort werden Sie sich mit einem Kontaktmann treffen und von ihm weitere Anweisungen erhalten."
"Um was wird es gehen?", die junge Zauberin wusste, dass die Antwort äußerst nebulös sein würde, aber Fragen kostete nichts.
"Wir werden ihre Fähigkeiten auf ihrem Spezialgebiet benötigen. Ich habe bereits die erforderlichen Dinge wie Flugticket und eine wasserdichte gefälschte SIN sowie den üblichen Vorschuss an Ihre aktuelle Matrixadresse übertragen.", dieser kleine Drecksack wusste, dass sie den Auftrag annehmen würde und das schmeckte Stingray ganz und gar nicht.
"Wenn es wieder so ausartet wie gestern kommen Sie mir nicht so billig weg!", konterte die Frau.
"Dieses Mal wird es gefährlicher, aber seien sie beruhigt! Ich habe die erste Zahlung natürlich dem Gefährdungspotential angepasst.", die Verbindung wurde durch den Schmidt unterbrochen.
Kurz verweilte ihr nachdenklich Blick auf dem nun stummen Kommunikator.
Ihr Spezialgebiet war das Bannen von freien Geistern!

***Flughafen Stuttgart, Allianz Deutscher Länder - Donnerstag 7. Dezember 2064***

Aus den übertragenen Unterlagen hatte Stingray erkennen können, dass sie Ihr Weg zuerst einmal nach Wien -die Hauptstadt Österreichs- und wie gesagt in ihre alte Heimat führen würde.

Der Johnson hatte an alles gedacht. Flugticket und SIN auf den absurden Namen Henriette Maria Polster sowie einen Vorschuss auf ihre Spesen waren mit einem passenden Hintergrund übertragen worden, dazu noch die Anweisungen wie Sie Ihren Kontakt in Wien erkennen würde.

Sie reiste als kleine Angestellte des deutschen Finanzministeriums die eine kleine Urlaubsreise nach Österreich unternahm.

Ihre magischen Fähigkeiten musste im gesamten deutschsprachigen Gebiet wasserdicht dokumentiert, nachgewiesen sowie amtlich bestätigt werden und wurde mit ihrer Arbeit im Dezernat 'Magische Befragungen' des Finanzministeriums erklärt.
Der Johnson, Schmidt, Häberle oder wie auch immer hatte einfach an alles gedacht, sogar ihre mitgeführten Foki waren in den Bescheinigungen fein säuberlich aufgelistet.
Das hektische Treiben auf dem kleinen Flughafen war beinahe unerträglich, aber es war immer noch besser als eine äußerst gefährliche Autofahrt durch die Kernlande Österreichs.
Stingray konnte sehr gut auf Angriffe durch Go-Gangs, Räuberbanden oder gar Critter verzichten.
Eigentlich mochte sie die Atmosphäre auf Flugplätzen –zumindest wenn sie es schaffte die Hintergrundgeräusche auszublenden-, auch wenn ihr das Aufgebot an schwerbewaffneten Sicherheitsbeamten immer wieder ein flaues Gefühl im Magen verursache.
Sie hatte noch genügend Zeit bis Sie einchecken konnte und ihr Flieger starten würde, denn wie üblich war Sie viel zu früh dran.
Sie setzte sich in eine Nische eines der vielen Schnellcafes und orderte bei einem gelangweilten Kellner einen Kaffee, natürlich auf Soy-Basis, denn echter Kaffee war unerschwinglich. Halbinteressiert beobachtete sie die verschiedenen (Meta-) Menschen die hektisch versuchten irgendetwas zu erreichen.
Stingray hing Ihren Gedanken nach und sehnte sich nach einem sehr langen Bad.

Die Zeiten waren immer noch hart für einen Erwachten, besonders wenn er sich nicht von irgendeinem seelenlosen Konzern verschreiben hatte, der für die Ausbildung natürlich auch eine entsprechende Gegenleistung verlangte.
Eine computermodulierte Stimme riss Stingray aus Ihren Gedanken.
'Reisende für den Flug 4U4326 Stuttgart - Wien werden zur Sicherheitsschleuse bei Gate D gebeten!'
Suborbital zu fliegen lohnte sich bei der kurzen Strecke nach Wien nicht, ohnehin betrug die Flugzeit nur knappe 30 Minuten.
Das Ein- und Auschecken sowie die verschiedenen Sicherheitskontrollen würden erheblich mehr Zeit in Anspruch nehmen als der gesamte Flug.
Geschäftig machte Sie sich auf den Weg zu dem aufgerufenen Gate und reihte sich in die Unmengen von gesichtslosen Reisenden ein.


Kapitel 2

***Wien, Mauer - Donnerstag 7. Dezember 2064***

Tick konnte die sterile Kühle der Matrix fühlen.

Er sauste so schnell durch das digitale Compterkonstrukt, dass die vielen Lichter in einer einzigen weißen Linie an ihm vorbeischossen.

Reines Weiß! Keine Keime!

Befreit ließ der Decker seine Persona aufatmen. Gedankenschnell gab er seinem Cyberdeck den Befehl das eigentlich überflüßige Windtool hochzuladen um die Täuschung der absoluten Freiheit noch zu verstärken.

Der glatzköpfige Dschinn mit dem muskulösen Oberkörper, über dem sich das blütenweisse T-Shirt spannte und dessen stechender Blick damals wie heute jedes Schmutzpartikel dazu brachte, ängstlich den Schwanz einzuklemmen und winselnd das Weite zu suchen, breitete selig die Arme aus.

'Putzt so sauber dass man sich drin spiegeln kann...', summte er glücklich den Werbejingle aus den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts vor sich hin, während er seine Reise fortsetzte. Eigentlich hätte er lieber einen Abstecher zur Bayersdorf AG gemacht, denn Gerüchten zufolge sollten deren Forschungen an der Lösung seines ganz privaten Problems bereits ziemlich nahe dran sein, doch selbst hier in dieser wunderbaren Welt verlangte die traurige Realität draussen ihren Tribut. So sehr er es auch hasste, sein Körper brauchte Energie. Und Nahrung die nicht aus irgendeinem schmutzigen Lupinenschnellimbiss stammte, war teuer.

Bedauernd verließ er die strahlende Strasse und wandte sich nach rechts. Aus dem Nichts formierten sich einige altertümliche Häuschen. Er war da. Ziel erreicht.

Noch einmal tief durchatmend stiess er das schwere, doppelflügelige Eichentor zum Trummelhof auf und betrat das virtuelle Äquivalent eines typisch Grinzinger Heurigens. Was gar nicht so einfach war, denn bekannterweise ist Wien anders – draussen wie hier in der Matrix. Nirgendwo sonst auf der verdammten Welt war die virtuelle Realität genauso verwinkelt wie die Gässchen im Herzen der Metropole. Nur ein winzig kleiner Schritt daneben und man landete nicht an der gewünschten Adresse sondern am Zentralfriedhof am Banketttisch der Ghule oder inmitten einer vergifteten Kloake der grünen Lunge Prater Au. Was nicht nur unangenehm, sondern verflucht auch gefährlich war, denn mit Teerbabys und andrem ICE war nicht gut Kirschen essen.

Nach etlichen Startproblemen war Tick mittlerweile ein echter Einheimischer und fand sich in der verdrehten Szenerie mühelos zurecht.

“Seawas Oida!” Ein dicklicher Typ mit monströsem Schnauzbart und der obligatorischen Goldkette um den Hals zog den kräftigen Dschinn mühelos auf eine der zweifelhaft sauberen Holzbänke in einer Nische neben der Tür. Tick widerstand dem Drang, sich demonstrativ sauber zu wischen, wo die Hand des schmierigen Proleten seinen nackten Arm berührte, denn das wäre dem Mitarbeiter des ArbeitsAmts gegenüber nicht nur unhöflich gewesen, sondern es hätte ihm wohl schon zu Beginn der Verhandlungen einen schwierigeren Start bereitet. Nichtsdestotrotz zog er heimlich ein sauberes Tuch aus den Taschen seiner altmodischen Jeans und putzte unauffällig über die Bank bevor er sich setzte.

“Ein 'Hoi, Chummer' hätts auch getan, Lois”, grummelte er anstelle einer Begrüssung.

“Nau, nau, da feine Herr Tick, jetzt is eam a scho de Sprach zu dreckert”, tadelte der Schnauzbärtige kopfschüttelnd, “oba waunsd Bakschisch brauchst, is da oide Loisl guad gnua, gell?” Wider erwarten wechselte Ticks gegenüber in die allgemeine Stadtsprache, ohne eine Spur des ekelhaften Gossenslangs erkennen zu lassen.

“Also gut, Tick, ich hätte hier was für dich. Ne Anfrage aus Germanien, einfache Sache. Rein, Daten checken, wieder raus. Saubere Sache, ein Klacks für einen wie dich.”

Tick kannte seinen Betreuer vom Amt mittlerweile seit über einem Jahr. Die ach so einfachen Jobs hatten immer irgendwo einen Haken. Drek! Alois wusste genau, dass Tick schon seit einiger Zeit keine Runs mehr vermittelt bekommen hatte und konnte sich problemlos ausrechnen, dass er auf jede Tour angewiesen war.

“Bedingungen?” fragte er routinemässig mit unbewegter Mine.

“Wie immer, 20 Prozent fürs Amt, genaue Infos gehen an deine Mailbox. Und Tick – reiss dich diesmal zusammen! Da draussen gibts genug andre, die den Job übernehmen können und mir dafür sogar die Stiefel lecken.” Etwas wie Zuneigung schlich sich kurz in die Schweinsäuglein des Beamten. “Aber ich baue auf dich, Chummer. Du bist einer von den Besten und nicht umsonst hab ich dich noch auf meiner Liste.”

'Ja, ja einer der Besten', dachte Tick verstimmt, 'deshalb bin ich ja noch immer auf euren Scheißverein angewiesen.' Nomen est Omen – wie's die alten Leintuchträger der Antike zu sagen pflegten.


Stingray Wien -Cafe Ritter - Bleibe- Kontaktmann (Kyle)

Wien, Café Ritter - Tag. Dezember 2062

Stingray öffnete langsam die Tür zum Kaffeehaus und ihr kam es so vor, als würde sie alle auf sich ziehen.

Dicker Zigartettenrauch hing in der Luft wie dunkle Regenwolken und machte Nichtrauchern jeden Atemzug zur Qual..

Der Geruch von echtem Kaffee kam beinahe nicht gegen den Rauch an, war unverkennbar.

Die Magierin fühlte echte Holzdielen unter den Sohlen Ihrer Stiefel und wunderte sich, dass diese nach so langer Zeit noch gangbar waren.

'Das gute an Wien ist, nichts verändert sich', dachte die Runnerin und ließ abermals den Blick über die bunte Mischung an Stammgästen schweifen.

Unverkennbar waren viele Magier unter den Besuchern des Kaffeehauses.

Magier gehörten nicht gerade zu den introvertiertesten Archetypen der Metamenschheit der sechten Welt und zeigten oft und gerne, dass sie das Mana manipulierenkonnten.

Bei fast jedem der Gäste konnte Stingray arkane Runen an den Kleidungstücken sehen oder irgendwo blitzte ein Teil eines Fokus oder anderem magischen Hilfsmittel in Taschen oder an Gürteln auf.

Fast alle der Gäste spielten ein altertümlich wirkendes Kartenspiel und hatten anscheinend Stingrays Anwesenheit für gut oder zumindest nicht gefährlich befunden, denn die Ihr entgegenschlagende Aufmerksamkeit ebbte ebenso schnell wieder ab, wie sie aufbrandete.

Wer kein Stammgast war fiel eben auf im Cafe Ritter und die Zeiten zu denen Stingray zu dem erlauchten Kreis gehörte, waren lange schon Vergangenheit.

Trotzdem schien Sie zumindest keine weitere Aufmerksamkeit zu erregen.

Es war kaum zu übersehen, dass das Etablissement schon an die 150 Jahre auf dem Buckel hatte, der Einrichtungsstil war wohl dauerhaft von dieser Epoche geprägt.

Braune Holztische und -stühle an den vier Personen bequem Kaffee oder Kartenspielen konnten.

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