Die Abenteuer von Piratenpaula und der Tapferkeitskatze Sally Teil 2

Tapferkeitskatze Sally und der Drache

Sallyklein
Während Sally gemmächlich durch die Wälder marschierte, überlegte sie, wie sie den alten Lindwurm Dracobert überwältigen konnte. Doch egal wie lange sie über die bevorstehende Aufgabe nachgrübelte, ihr wollte nicht wirklich etwas einfallen. Schließlich waren Drachen keine Mäuse und das größte Tier, mit dem sie sich bisher auseinandersetzen musste, war der alte Marder, der immer wieder die Hühnerställe beim Schloss plünderte. Wie sehr sie Paula beneidete! Den Piratenschatz zu rauben, erschien ihr im Vergleich zu ihrem Schicksal geradezu wie ein Spaziergang. Dazu kam natürlich auch noch Paulas sprichwörtliches Glück, etwas auf das sie selbst wohl kaum zählen durfte.
Der einzige Trost war, dass sie zumindest noch all ihre sieben Leben hatte, wie lange allerdings noch, daran wagte sie nicht zu denken.
Missmutig schlug sie mit ihrem Degen auf die Sträucher am Wegesrand ein. Sie nahm die Abzweigung in Richtung des Lonetals, denn dort, so hatte sie gehört, sollte Dracobert seine Höhle haben.
Erstmal wollte sie sich dort umsehen, vielleicht kam ihr da dann eine Idee. Vielleicht konnte sie sogar herausfinden, ob der Drache eine Schwachstelle hatte, wie der berühmte Ritter in dem alten Märchen, dass die Königin den beiden Prinzessinnen vor dem Schlafengehen so oft vorgelesen hatte. Der, der nur am rechten Knie verwundbar war, oder war es die Ferse? Na egal, der Drache war wohl kaum so freundlich, genau die gleiche verwundbare Stelle zu haben.
Dennoch fasste die Katze bei diesem Gedanken wieder Mut und lief ein wenig schneller.
Müde und erschöpft erreichte sie am nächsten Abend ihr Ziel.
Sie duckte sich ins Unterholz und schlich ganz vorsichtig an den Saum des Waldes. Vor ihr erstreckte sich eine Lichtung und an deren Ende gähnte ein dunkles Loch im felsigen Hügel. Das Gras der Lichtung war nieder getrampelt und geschwärzt von Drachenfeuer. Überall lagen sauber abgenagte Knochen, Teile von Rüstungen, schartige Schwerter und ein zerbrochener, rosafarbener Handspiegel. Offensichtlich hatten bereits vor ihr etliche Recken den Drachen bekämpft, ohne ihn zu besiegen. Die kleine Katze erschauderte, als ihr Blick erneut zu den bleichen Skeletten wanderte. Doch die Knochen waren eigentlich zu groß für einen Menschen, es waren wohl eher diejenigen von Kühen.
Gerade, als sie näher an den Hügel heranschleichen wollte, hörte sie ein lautes Scharren und Schnauben aus der dunklen Öffnung im Fels hervor dringen.
Wie ein geölter Blitz huschte Sally zurück in ihr sicheres Versteck. Keine Sekunde zu früh, denn schon schob sich der hässliche Echsenkopf Dracoberts ins Freie.


Dampf quoll dem grünen Untier aus Maul und Nüstern und misstrauisch äugte der Lindwurm über die Lichtung, bevor er seinen riesigen Leib in die kühle Abendluft folgen ließ. DrachekleinMit einem markerschütternden Schrei begrüßte der Drache die hereinbrechende Nacht, bevor er schwerfällig von dannen kroch, auf der Suche nach frischer Nahrung.
Überwältigt vom Anblick des Ungeheuers, saß Sally noch einige Minuten still im Gestrüpp, bis sie sich soweit wieder gefasst hatte, dass sie ihre Erkundungstour fortsetzen konnte.
Gut, eigentlich war sie hier hergekommen, um Dracobert selbst zu beobachten, seine Schwächen herauszufinden, doch nach dem ersten Blick auf ihren übermächtigen Gegner, fand sie die Idee plötzlich nicht mehr ganz so toll.
Vielleicht war ja in der verlassenen Wohnhöhle des Drachen auch etwas zu entdecken, das ihr im anstehenden Kampf weiterhelfen konnte, oder? Zu guter Letzt musste sich Sally allerdings eingestehen, dass sie einfach nur neugierig darauf war, wie es in einer richtigen Drachenhöhle aussah. Die Gelegenheit war günstig und so schnell würde der häßliche Lindwurm bestimmt nicht zurück kehren!
Geduckt schlich das kleine Kätzchen über die Lichtung und betrat vorsichtig den Eingang zu Dracoberts Wohnhöhle.
Der felsige Korridor war dunkel und durch den schweren Körper des Untiers waren Boden und Wände vollkommen glatt geschliffen. Es war warm, stickig und roch nach verdorbenen Eiern. Sally stöhnte kläglich über den schrecklichen Gestank. Mit einer Pfote die kleine Nase zuhaltend tapste die Katze immer weiter ins Innere des D<rachenhorts.


„Joho, Joho...“, klang es leise und zittrig aus einer muffigen Ecke des düsteren Raumes.
„Halt die Klappe“, zischte es als Antwort, „das macht die Situation nicht besser!“
„Aber ihr wolltet doch singen!“, protestierte die erste Stimme.
„Doch nicht dieses Lied!“
„Na gut, wie wär's mit Hänschen klein?“
„Ach Ludwig, vergiss es einfach!“, der zweite Sprecher verfiel erneut in düsteres Schweigen.
„Piet hat recht, Ludwig, lass es einfach gut sein“, meldete sich eine dritte Stimme.
„Pfft, dann eben nicht.“, schnappte der verhinderte Sänger namens Ludwig beleidigt zurück.
Die einsetzende Stille wurde durch das Echo eines entsetzlichen Stöhnens unterbrochen.
„Oh mein Gott!“, quiekte Ludwig ängstlich auf, „er kommt zurück!“
„Hör auf zu zappeln, du ziehst die Stricke nur fester zu!“, rügte Piet den Kameraden.
Der dumpfe Klang von Schritten näherte sich den drei Männern.
„Er kommt zurück um uns zu fressen!! Wir werden alle sterben! “, erneut zerrte Ludwig wild an seinen Fesseln.
„Ja, aber wie echte Männer, nicht wie Angsthasen.“ Trotz der mutigen Worte zitterte auch Piets Stimme leicht vor Angst.
„Hört auf damit, fällt euch denn nichts auf?“ Der dritte im Bunde lauschte angestrengt in die Dunkelheit. „Das kann nicht der Drache sein!“, stellte er schließlich fest.
„Ach? Und wer sonst, oh weiser Kunibert? Der strahlende Ritter vielleicht, der uns aus Dracoberts Speisekammer befreien wird?“, ätzte Ludwig sarkastisch.
„Wer weiß? Jedenfalls trampelt die alte Echse wesentlich lauter.“, gab Kunibert trotzig zurück.
„Schon vergessen, Bertie, es gibt niemanden mehr, der gegen den Lindwurm antreten wird. Wir waren die Letzten. Alle andren sind geflohen oder...“
„Sag's nicht Piet!“, unterbrach Ludwig flehend. „Ich will's gar nicht wissen!“
„Wasss nicht wissssen?“ mischte sich eine neue Stimme in die hitzige Diskussion ein.
Die Köpfe der drei gefesselten Männer drehten sich ruckartig dem fremden Sprecher zu.
Vor lauter Streiten, hatten die gescheiterten Drachenjäger nicht bemerkt, dass der Eindringling mittlerweile bis zu ihnen vorgedrungen war.
Es stellte sich heraus, dass Kunibert richtig lag, die Schritte wurden tatsächlich nicht von dem eigentlichen Bewohner der Höhle verursacht.
„Wer zum? Was? Wieso?“, aufgeregt sprachen die Gefangenen gleichzeitig auf den Neuankömmling ein.
„Langsssam. Immerrr mit derrr Rrruhe. Ich verrrssstehe kein Worrrt.“, knurrte der Neuankömmling.
Die drei Männer verstummten auf der Stelle und musterten stattdessen die kleine pelzige Gestalt vor ihnen.
Es handelte sich zweifellos um ein Kätzchen, dennoch waren sie erstaunt über den roten Schlapphut mit weißer Feder, die roten Stiefelchen und nicht zuletzt den spitzen Degen, die ihr möglicher Retter trug. Dass die Katze sprechen konnte, erschien ihnen in diesem Zusammenhang allerdings durchaus logisch.
Piet fasste sich als erstes. „Wer bist du? Bist du gekommen um uns zu befreien?“
„Mein Name issst Sssally, Tapferrrkeitssskatssse Sssally und ich handle im Auftrrrag Ihrrrerrr Majessstät, derrr Prrrinzesssin Sssarrrah. Ich bin hierrr, den bösssen Drrracoberrrt zu errrledigen. Und werrr ssseid ihrrr?“
„Wir – ähm – wir sind sozusagen, also...“, Piet suchte nach den richtigen Worten, „anfangs waren wir auf der Suche nach dem Piratenschatz, aber das erschien uns dann doch nicht der passende Auftrag für einen tapferen Ritter des Königs und so zogen wir lieber gegen den bösen Drachen ins Felde, aber die Konkurrenz war neidisch auf unser Können und so haben sie uns kurzerhand überwältigt und aus dem Verkehr gezogen, um selbst den Ruhm zu ernten. Ich muss betonen, es standen mindestens fünfzig Mann gegen uns; selbst wir konnten nicht gegen diese Überzahl bestehen.“ Piet schwitzte und suchte fieberhaft nach einer glaubwürdigen Ausrede für ihre missliche Lage, um das Gesicht zu wahren. „Aber ach und wehe, sie hätten nicht auf unsere Talente verzichten sollen, denn sie wurden allesamt von dem Lindwurm in die Flucht geschlagen.“
Sally glaubte kein Wort von Piets Geschichte.
„Ssso, ssso. Alssso sssind wirrr vierrr nunmehrrr die letssste Hoffnung fürrr dasss Volk und den König, den Drrrachen sssu besssiegen?“ Während sie sprach, zog sie ihren Degen und durchschnitt mit einem eleganten Streich die Fesseln der drei armseeligen Ritter.
Ungelenk erhoben sich Kunibert, Ludwig und Piet auf die Beine. Sie streckten und reckten sich, so dass die steifen Muskeln und Knochen nur so krachten.
„Mit drrrei ssso errrfahrrrenen Rrritterrrn an meinerrr Ssseite, sssollte esss ja jetssst kein Prrroblem mehrrr sssein, Drrracoberrrt sssurrr Ssstrrrecke sssu brrringen, nicht?“
„Nun ja, werter... ich meine, werte Tapferkeitskatze Sally, habt Dank für unsere Befreiung. Aber es wäre nicht rechtens, den Ruhm und die Ehre des Siegers zu schmälern, so verzichte ich meinerseits zu euren Gunsten auf dieses Untier.“, sprach Ludwig überaus höflich und verneigte sich vor der Katze. Danach machte er sich, so schnell es seine dünnen Beine erlaubten aus dem Staub.
Piet hingegen murmelte etwas von einem höchst wichtigen Termin und folgte seinem Kollegen auf dem Fuße.
Lediglich Kunibert blieb bei Sally. Das lag allerdings weniger an seinem Ehrgefühl, sondern vielmehr daran, dass ihm vom langen Sitzen die Beine eingeschlafen waren.
Sally blickte dem Recken prüfend ins Gesicht. „Alssso bleiben wirrr beide übrrrig?“
Kunibert, der kein Freund schöner Worte war und auch nicht Piets Phantasie besaß, entschloss sich zur Ehrlichkeit.
„Hör mal, Kätzchen! Ich sag es dir wie es ist. Mach das, was alle vernünftigen Leute vor dir gemacht haben, als sie den Drachen zum ersten Mal gesehen haben – lauf!!! Lauf so schnell und so weit du kannst und komm nie wieder hierher zurück!“ Auch Kunibert wandte sich um und humpelte unter leisem Fluchen davon.
Die Tapferkeitskatze rief ihm nach, „Und was passierte mit den unvernünftigen Leuten?“
„Die haben gekämpft und werden grade im Lazarett in Niederstotzingen vom Feldscher wieder zusammengeflickt!“
Sally folgte dem Ritter. „Und sssu welcherrr Kategorrrie Leute gehörrrt ihrrr?“
Der Hinkende blieb stehen und sah Sally ernst ins Gesicht. „Zur Kategorie der Narren. Zu schwach zum Weglaufen und zu feige zu kämpfen. Wir haben versucht, das Ungeheuer zu überreden, sich anderswo nieder zu lassen, denn langsam gibt es kein Vieh mehr in der ganzen Umgebung und er würde zwangsläufig verhungern.“
„Und wiessso warrrt ihrrr dann gefesssselt in derrr Höhle?“
„Er meinte, die Gegend gefällt ihm zu gut um weg zu ziehen und zur Not müsste er eben dann seine Kost umstellen,“ Kunibert schluckte schwer, „und hat uns danach als Notration in seine Vorratskammer gesperrt.“
Bei diesen Worten lief es der Katze eiskalt über den Rücken.
Mittlerweile hatten die beiden die Lichtung vor der Höhle erreicht und freudig eilte der Ritter Drachenfutter, wie Sally ihren Begleiter insgeheim getauft hatte, auf einen silbern glänzenden Brustharnisch zu. „Mein Glückspanzer!“, rief er erleichtert aus. „Ohne den hätte ich nicht nach Hause gehen können.“
„Ohne mich wärrrt ihrrr ohnehin nirrrgendsss hingegangen“, stellte die Tapferkeitskatze trocken fest.
„Äh, stimmt“, verlegen drückte der Ritter seine wiedergefundene Rüstung an sich, „vielen Dank noch einmal Sally. Wenn ich je etwas für dich tun kann...?“ Kaum waren ihm diese Worte über die Lippen gekommen, bereute er es auch schon.
„Sssag mirrr nurrr einesss, hat derrr Drrrache eine verrrwundbarrre Ssstelle?“
Kunibert zuckte die Achseln. „Keine Ahnung, aber vielleicht weiß einer von denen im Lazarett etwas darüber?“
„Hm, dasssss wärrre einen Verrrsssuch werrrt, ja!“, überlegte das Kätzchen.
„Na dann, viel Glück kleine Katze!“, verabschiedete sich Kunibert und schlug den Weg nach Hause ein.
Gedankenverloren stolperte Sally über einen kleinen Stein auf der Lichtung, bückte sich danach und schob ihn unter ihren Gürtel, in dem ihr Degen steckte, ohne zu wissen, warum sie ihn eigentlich mitnahm.
Zügig marschierte sie durch den nächtlichen Wald in Richtung des kleinen Dorfes Niederstotzingen.

Pünktlich zum ersten Hahnenschrei traf die Tapferkeitskatze Sally in Niederstotzingen ein und wunderte sich, dass die handvoll trister Hütten, die sich um ein altes Kloster scharten, bereits die Bezeichnung Dorf verdienten.
Da aus dem Kloster schon geschäftiges Treiben zu vernehmen war, klopfte die Katze ohne zu Zögern an das Tor, welches ihr bald darauf von einem kahlen, ältlichen Mönch geöffnet wurde.
In knappen Worten erklärte sie dem Pförtner ihr Anliegen, dass sie dringend mit den verletzten Drachenrittern sprechen musste.
Nur sehr zögernd erlaubte ihr Bruder Bertram, der sich ihr als Pförtner, Klostervorstand, Koch und Leiter des Lazaretts in einer Person vorstellte, einzutreten, denn er schätzte es nicht sehr, wenn seine Patienten gestört wurden.
Es waren harte Zeiten und der Großteil der Klosterbrüder hatte das Ordenshaus schon vor geraumer Zeit verlassen, aus Angst vor dem Untier und nicht zuletzt aus Mangel an Nahrungsmitteln. Außer Bruder Bertram waren nur noch der alte und lahme Bruder Martin und ein junger Bursche aus dem Dorf, der sich um die gröberen Arbeiten im Kloster kümmerte, verblieben.
Sally wurde angewiesen, im kiesbestreuten Innenhof der Abtei zu warten, denn zuerst musste sich Bruder Bertram um das Wohl der Verletzten kümmern.
Schicksalsergebend kletterte die kleine Katze auf eine steinerne Bank inmitten des Hofes und vertrieb sich die Zeit damit, ihr Fell zu putzen und die bestiefelten Beinchen baumeln zu lassen. Dabei fiel ihr der Stein, den sie aus dem Lonetal mitgebracht hatte, unbemerkt aus dem Gürtel.
Mit bedachten, schlurfenden Schritten näherte sich ein alter Mann in grauer Kutte. Trotz seines gebückten Ganges konnte man ihn durchaus als groß und stattlich bezeichnen. Das Auffälligste an ihm war jedoch sein grauer, buschiger Bart, der ihm ungezähmt auf die Brust fiel.
„Oho, wir haben Besuch!“, begrüßte er Sally mit tiefer Bassstimme freundlich. „Ich bin Bruder Martin und ich habe gehört, du willst unsere Patienten besuchen?“
„Guten Morrrgen, Brrruderrr. Ja, dasss habt ihrrr rrrichtig verrrnommen.“
„Und ihr seid wer?“, fragte der alte Mönch nach.
„Verrrssseihung, mein Name issst Sssally, Tapferrrkeitssskatssse Sssally, von ihrrrerrr Majessstät Prrrinzesssin Sssarrrah ausssgesssandt, den bösssen Drrrachen sssu bekämpfen.“, stellte sich die Katze höflich vor.
Amüsiert betrachtete Bruder Martin sein kleines Gegenüber, während sich unzählige Lachfältchen um seine strahlend grau blauen Augen legten.
„Ein Drachenritter also seid ihr? Das ist nun doch sehr ungewöhnlich.“
„Wiessso? Nurrr weil ich eine Katssse bin, meint ihrrr?“. Sally war ein wenig beleidigt.
Leise lachte der bärtige Mönch vor sich hin. „Oh nein, Tapferkeit hängt weder von der Größe noch der Rasse eines Ritters ab. Ungewöhnlich ist nur, dass in Zeiten wie diesen ein Drachenritter in einem Stück und aus eigener Kraft diese Mauern aufsucht. Normalerweise landen sie heutzutage ausnahmslos dahinten.“ Bruder Martin deutete traurig auf das Lazarett. „Da fällt mir ein, weshalb möchtet ihr eigentlich eure Kollegen besuchen?“
„Nun“, Sally druckste ein wenig herum, „wissst ihrrr, Brrruderrr Marrrtin, ich kenne mich ssswarrr herrrvorrragend mit Mäusssen und Rrrrratten ausss, aberrr Drrracoberrrt issst mein errrsssterrr Drrrache.“
„Und deshalb braucht ihr mehr Informationen, wie man solch ein fürchterliches Untier besiegt.“, stellte der Mönch nüchtern fest.
„Ssstimmt genau.“
„Nun wisst ihr werte Sally, dafür braucht ihr Bruder Bertrams kranke Schützlinge nicht zu belästigen, abgesehen davon, glaube ich nicht, dass ihr von denen wertvolle Tipps zu erwarten habt.“ Martin richtete sich zu voller Größe auf und fuhr mit fester Stimme fort, „Gut, dass ihr euch mir anvertraut habt. Denn ihr müsst wissen, ich war nicht mein ganzes Leben lang Mönch. In meiner Jugend war ich einst der Schrecken aller Untiere, von der kühlen Nordsee bis hinunter zum dunklen Schwarzwald. Kein Geschuppter entging meiner scharfen Klinge.“ Er seufzte traurig. „Doch eines Tages, ereilte mich mein Schicksal. Ich war mit dem hübschesten Mädchen im Dorf zum Tanz verabredet und als wir ausgelassen auf dem erhöhten Tanzboden herumwirbelten, bin ich über meine eigenen tollpatschigen Füße gestolpert und wir fielen beide hinunter auf die Festwiese. Durch den Sturz ist Maries Kleid zerrissen und sie stand plötzlich in ihrem Unterkleid da. Alle haben uns furchtbar ausgelacht, wir wurden zum Gespött der Leute und mein Mariechen war deshalb bitterböse auf mich. Sie hat sich so geschämt, dass sie kurz darauf weggezogen ist, hinüber nach Gaisburg, wo sie niemand kannte. Dennoch, ich denke noch immer sehr oft an sie, auch wenn ich sie schon sehr lange nicht mehr gesehen habe. Aber das war noch nicht das Schlimmste.“ Er strich über sein kaputtes Bein, „Ich habe mir bei unserem Sturz mein Bein gebrochen und trotz der guten Pflege von unserem Bruder Bertram wurde es nie mehr richtig heil. Nun, für einen lahmen Ritter hatte niemand Verwendung, meine Marie hatte mich verlassen. Deshalb bin ich einfach hier im Kloster geblieben und Mönch geworden.“
„Eine sssehrrr sssehrrr trrraurrrige Gessschichte, aberrr...“ Sally blickte den ehemaligen Krieger erwartungsvoll an.
„Aber natürlich, entschuldigt, ihr wolltet etwas mehr über Drachen erfahren. Hmmm, lasst mal sehen...“ Er musterte die Katze eindringlich von Kopf bis Fuß, wog ihren Degen in seiner Hand und brummte vor sich hin.
„Nun, die sicherste Methode ist natürlich immer die, den Kopf des Untiers mit einem gut gezielten Schwerthieb abzutrennen, aber ich denke, in eurem Fall, klein und wendig wie ihr mir scheint, würde ich meinen, ihr solltet euch auf die Augen des Drachens konzentrieren. Ja, die empfindlichen Augen, hmmm...“ Martin strich überlegend über seinen grauen Bart.
„Und dann issst dasss Untierrr errrledigt?“, fragte die Tapferkeitskatze zur Sicherheit nach.
„Nun, nein, dann ist er geblendet und ihr könnt euch ihm leichter nähern, um ihm den Kopf abzuschlagen.“
„Aha“, Sally war nicht gerade begeistert von den Ratschlägen des früheren Ritters. „Und esss gibt sssonssst keine anderrre Möglichkeit?“, fragte sie hoffnungsvoll nach.
„Nicht, dass ich wüsste.“ Bruder Martin schüttelte den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste.“
„Bruder Martin! Bruder Martin!“ Ein junger Bursche von etwa fünfzehn Jahren kam mit hochrotem Kopf schwitzend und keuchend angerannt.
„D-d-der D-d-drache, G-g-gais-...!“ Völlig außer Atem stotterte der Junge herum.
„Ganz ruhig, Gernot, ganz ruhig.“ Bruder Martin bedeutete dem Jungen sich erst einmal hinzusetzen. „Was ist denn los?“
Es dauerte einige Minuten, bis sich Gernot soweit erholt hatte, dass er seine Neuigkeiten verständlich loswerden konnte.
„Der Drache, er steht vor Gaisburg und hat gedroht, die Stadt niederzubrennen, wenn der Bürgermeister ihm nicht bis heute Abend entweder das letzte Vieh oder stattdessen zehn Jungfrauen aushändigt!“
„Oh mein Gott, Marie!“ Bruder Martin sprang auf, sein lahmes Bein ignorierend und mit bleichem Gesicht. „Ich muss sie retten! Knappe, mein Pferd, sofort!“
Gernot und Sally blickten den alten Mönch entgeistert an.
Von dem entstandenen Tumult alarmiert, eilte Bruder Bertram herbei. „Martin!“, rief er den außer sich geratenen Mitbruder mit fester Stimme zur Ordnung.
Langsam fand der ehemalige Drachenritter zurück in die Gegenwart. Tränen glitzerten in seinen sonst so freundlichen Augen, als er Bruder Bertrams Worte vernahm, „Bruder Martin, du hast schon lange kein Pferd mehr. Niemand hier hat noch eines seit der Geschuppte sein Unwesen treibt.“ Besorgt half er seinem Freund wieder Platz zu nehmen.
„Ha, doch, aber das hilft uns auch nichts“, meinte Gernot, der sich nach einem Stein in der Form eines kurzbeinigen Pferdes gebückt hatte.


„Dasss issst meinerrr“, sprach Sally und schnappte dem Jungen den Stein aus der Hand, „den hab ich gefunden!“
Ungläubig, mit weit aufgerissenen Augen starrten die beiden Mönche auf das Steinpferdchen in Sallys Pfote.Pferdklein
„Das ist doch...“, Bruder Bertram streckte die Hand nach der Figur aus, doch die Katze zog ihre Pfote rasch zurück.
„Wasss issst denn damit?“, fragte sie neugierig in die Runde.
Bruder Martin erklärte mit leuchtenden Augen, „Wisst ihr, werte Tapferkeitskatze, hier in der Gegend erzählt man sich eine uralte Legende.
In grauer Vorzeit, als es hier noch kein Dorf gab, lebten die Menschen unten in den Höhlen im Lonetal. Sie lebten von der Jagd und züchteten die prächtigsten Pferde. Die Pferde waren nicht nur deren größter Schatz, sondern auch ihre engsten Vertrauten. Eines Tages wurde das treue Pferd des Häuptlings von wilden Tieren angegriffen und lag im Sterben. Der Häuptling grämte sich darüber so sehr, dass auch er sehr krank wurde. Seine Frau, eine mächtige Zauberin, wollte ihrem Mann helfen und es gelang ihr, den Geist des Pferdes in eine kleine Steinfigur zu bannen und rettete es so vor dem Tode und der Häuptling wurde wieder gesund. Angeblich lebt der Geist des Pferdes bis heute noch in dieser Figur und in Zeiten großer Not taucht das Pferd wieder auf und hilft demjenigen, der es findet.“
Während Sally der Geschichte des Mönchs lauschte, rieb sie die kleine Figur zwischen ihren Pfoten.
„Tja, es ist wohl nicht mehr als ein schönes Märchen“, meinte Bruder Bertram.
Gernots Augen wurden mit einem Mal groß wie Wagenräder, als er etwas in der Mitte des Klosterhofs entdeckte. Mit zittriger Hand zeigte er darauf und hauchte, „Da!!!“
Sally und die beiden Mönche blickten in die Richtung, die Gernot ihnen wies und staunten nicht schlecht.
Mitten im Klosterhof stand ein stattlicher grauer Hengst mit glänzend schwarzer Mähne und ebensolchem Schweif, der sie freudig wiehernd begrüßte.
„Da brat mir doch einer einen Storch!“, rief Bruder Martin überrascht aus.
„Sssieht ssso ausss, alsss hätten wirrr ein Prrroblem gelössst.“, stellte Sally fest. „Brrruderrr Marrrtin, würrrdet ihrrr mirrr die Ehrrre errrweisssen, mich in den Kampf mit dem Drrrachen sssu begleiten?“
„Worauf ihr euch verlassen könnt, tapfere Sally.“, erklärte sich dieser einverstanden. „Gernot, lauf in meine Kammer und hole mir das Bündel unter meinem Bett!“, kommandierte Bruder Martin.
„Du willst also tatsächlich noch einmal gegen solch ein Untier antreten?“ Zweifelnd musterte Bruder Bertram seinen alten Freund.
„Ja, Bertram, meine Marie ist in Gefahr und diesmal werde ich von einem besonders tapferen Recken begleitet.“ Martin klopfte der kleinen Katze aufmunternd auf die Schulter. „Gemeinsam werden wir Dracobert bezwingen!“
Schnaufend schleppte Gernot ein großes Bündel an. „Bruder Martin, was ist denn hier drin? Steine?“
Martin lachte. „Nein, Junge, nur mein altes Kettenhemd und mein Schwert. Ich wusste, ich würde es noch einmal brauchen!“
Kaum hatte sich der alte Mönch fertig gerüstet, zog er sich mühsam auf den Rücken des Hengstes.
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Das Kätzchen sprang mit einem Satz auf seinen Schoß und schnell wie der Wind trug sie das graue Zauberpferd in Richtung Gaisburg.


„Bürgerinnen und Bürger, liebe Freunde“, laut hallte die Stimme des Gaisburger Bürgermeisters über den mit Leuten vollen Platz vor dem Rathaus.
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„Wir werden nicht zulassen, dass uns der Drache alles nimmt, was uns lieb und teuer ist, nicht wahr?“
Lauter Jubel brandete dem Bürgermeister entgegen.
„König Gunthers Recken haben allesamt versagt, aber wollen wir uns kampflos einem düsteren Schicksal ergeben?“
„Nein! Niemals!“, rief die versammelte Bürgerschaft Gaisburgs aus voller Kehle.
„Was sollen wir also tun?“
„Wir werden kämpfen!“ Der Lärm rund um das Rathaus war ohrenbetäubend.
„So bringt die Kinder, die Alten und Kranken ins Rathaus und treibt das restliche Vieh, das uns noch bleibt zusammen. Danach rüstet euch mit allem was ihr findet und versammelt euch auf der Wiese vor dem Stadttor. Bei Einbruch der Dämmerung marschieren wir los und werden den Drachen lehren, was es heißt die Gaisburger zu bedrohen!“
Die Menge johlte vor Kampfeslust, während die ersten Bürger bereits nach Hause eilten, um alle Vorbereitungen zu treffen.
Als Bruder Martin und die Tapferkeitskatze Sally sich am späten Nachmittag dem Stadttor von Gaisburg näherten, wurden sie bereits von einer grimmig drein blickenden Menschenmenge empfangen.
Die Leute waren aufgebracht, zornig und konnten es kaum erwarten gegen das Ungeheuer ins Felde zu ziehen.
Erstaunt betrachtete Bruder Martin die Vielzahl der scharfen und spitzen Haushaltsgeräte, die die Gaisburger auf den Anger mitgenommen hatten. Er sah Dreschflegel, Heugabeln, geschliffene Küchenmesser, auch ein abgenutztes Nudelholz und hin und wieder ein rostiges Schwert. Der Großteil der Menschen war jedoch geschäftig dabei, sich die Taschen mit herumliegenden Steinen zu füllen. Einzig die handvoll anwesender Büttel trugen schartige Hellebarden und Helme.
Bevor die beiden Drachenritter nach dem Grund der seltsamen Versammlung fragen konnten, schob sich der Bürgermeister, gekleidet in ein dickes Wams, einen polierten altmodischen Flügelhelm und gegürtet mit einem schlanken Rapier durch die Menge und trat auf die beiden Reiter zu.
Tapferkeitskatze Sally zog den Hut und Bruder Martin verneigte sich.
„Wer seid ihr und was wollt ihr?“, eröffnete der Bürgermeister mutig das Gespräch.
„Mein Name issst Sssally, Tapferrrkeitssskatssse Sssally“, begann die Katze ihr gewohntes Sprüchlein auf zusagen, „und diesss hierrr issst Brrruderrr Marrrtin. Wirrr sssind ssso ssschnell gekommen, wie wirrr konnten, alsss wirrr von eurrrerrr Not errrfahrrren haben und...“
“wir sind hier, dem Drachen den Garaus zu machen.“, beendete Bruder Martin den Satz von Sally.
Misstrauisch musterte der Bürgermeister die beiden.
„Ihr seid also alles, was König Gunther gegen Dracobert noch aufbringen konnte? Ein alter Mann und seine Katze?“
Zornig erwiderte der Mönch, „Urteilt nicht vorschnell über uns, denn im Vergleich zu denen“, er wies auf die schlecht ausgerüstete Bürgerschaft, „sind wir erfahrene Kämpfer und verstehen unser Handwerk!“
„Dafür brennt in uns der gerechte Zorn!“, entgegnete der Bürgermeister aufgebracht.
„Lassst unsss doch nicht strrreiten“, versuchte die Tapferkeitskatze zwischen den beiden zu vermitteln, „wirrr sollten bessserrr überrrlegen, wie wirrr alle gemeinsssam dasss Untierrr errrlegen.“
Grummelnd mussten die Streithähne dem Kätzchen zustimmen und beschlossen alsbald zusammen zu arbeiten.
Nach einer Weile hatten sie einen groben Plan ausgearbeitet und als der Abend herein brach setzten sich die beiden Drachenritter und die Gaisburger, an deren Spitze der Bürgermeister marschierte, in Bewegung.
Auf den Feldern in Sichtweite der Stadt, trafen sie alsbald auf ihren furchterregenden Gegner.
Als der Drache bemerkte, dass die Gaisburger nicht daran dachten, seinen Forderungen nachzukommen, stieß er ein markerschütterndes Brüllen aus.
Bruder Martin, der als einziger wusste, was diesem Brüllen folgen würde, schrie den Gaisburgern zu „In Deckung, Leute, gleich speit er Feuer!“ und lenkte den grauen Hengst zur Seite. Gerade noch rechtzeitig, denn Dracobert spie sein glühend heißes Odem auf die Stelle, wo der alte Ritter eben noch gestanden hatte. Schreiend brachten sich die Bürger in Sicherheit und warfen sich zitternd zu Boden.
Bevor der Drache sich für einen neuerlichen Feuerstoß sammeln konnte, gab Bruder Martin dem Pferd die Sporen und lenkte es an die Flanke des Lindwurms. Die tapfere Sally, bereit zum Sprung, stieß sich kraftvoll vom Rücken des Hengstes ab und landete auf dem gepanzerten Kopf des Drachens.

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Abgelenkt durch die Katze, die sich verzweifelt an seiner Nase fest krallte, ging der in die Menge der Gaisburger gezielte Feuerstrahl fehl und brannte stattdessen ein riesiges Loch in das Erdreich direkt vor Dracoberts Füßen. Außer sich vor Zorn schüttelte er seinen mächtigen Schädel und schnappte nach Sally, die verzweifelt versuchte, sich gleichzeitig festzuhalten und mit ihrem Degen nach den Augen des Untiers zu stechen. Mit einem Ruck warf der Drache seinen Kopf in den Nacken, die tapfere Sally verlor den Halt und schlug einen Salto in der Luft. Nach Katzenart brachte sie sofort ihre Pfoten nach unten und streckte den Schwanz waagrecht nach hinten, um sicher zu landen, doch welch Unglück! Dracoberts Kopf, das riesige Maul mit den dolchartigen Zähnen weit geöffnet, schwang wieder nach vorne und seine mächtigen Kiefer schnappten genau über dem Kätzchen zu! Vor Schmerz schrie Sally laut auf und als sie hart auf dem Boden aufschlug, fehlte ihr ein gutes Stück von ihrem schönen Schwanz. Der abgebissene Teil hing noch gut sichtbar an einem Eckzahn des Drachen fest.
Triumphierend setzte das Untier zu neuerlichem Gebrüll an und funkelte die Tapferkeitskatze aus seinen zornesrot glühenden Augen an. Schon holte er tief Luft, um seinen Angreifer zu Asche zu verbrennen, Bruder Martin stürmte mit gezogenem Schwert heran, um Sally zu schützen, die Gaisburger warfen die ersten Steine nach Dracobert, Sally starrte fassungslos auf das Stück Schwanz in dem aufgerissenen Drachenmaul und Dracobert … erlitt einen fürchterlichen Hustenanfall. Die Augen des Ungeheuers begannen zu tränen und das gefürchtete Drachenfeuer verpuffte zu kläglichen schwarzen Rauchwölkchen.
Nach Atem ringend wälzte sich Dracobert auf dem Boden und ihm fielen siedend heiß die Worte einer uralten Weisheit seiner Rasse wieder ein. „Lass ab von Katzen!“ Jeder vernünftige Drache wusste doch, dass Katzen jeglicher Art eine furchtbare Allergie hervorriefen, wie konnte er nur so dumm sein, diese Katze zu beißen!
Weder Bruder Martin, noch einer der Gaisburger Bürger wussten um dieses wohl gehütete Geheimnis der Drachen, doch sie wussten, wann sich ihnen eine gute Gelegenheit darbot.
Es dauerte nicht lange, dann war Dracobert überwältigt und lauter Jubel schallte durch die Nacht. Die Gaisburger fielen sich vor Freude weinend in die Arme und die Tapferkeitskatze Sally wurde hochgehoben und als Heldin des Tages gefeiert.
Laut singend zogen die Menschen zurück in die Stadt, wo sie bereits sehnlichst von den Daheimgebliebenen erwartet wurden.
Kaum war die Heldin der Gaisburger vom besten Doktor der Stadt verarztet worden, begannen die Einwohner ein Festmahl vorzubereiten. Ein großes Feuer wurde am Platz vorm Rathaus entfacht, Tische und Bänke wurden heran geschleppt, große Kessel übers Feuer gehangen und mit allem, was die Bürger noch an Lebensmitteln zusammentragen konnten, gefüllt. Im Gedenken an den diesen Feiertag, nannten die Leute den so entstandenen Resteeintopf „Gaisburger Marsch“, der bis heute noch in der ganzen Gegend gerne auf den Tisch kommt.
Sally und Bruder Martin erhielten die Ehrenplätze an der Tafel, direkt neben dem Bürgermeister und aßen bis sie nicht mehr konnten. Bei Gesang und Tanz feierten die Leute noch fröhlich bis in den frühen Morgen.
Einzig Bruder Martin wirkte ein wenig traurig.
„Worrran denkssst du gerrrade?“, fragte ihn die Tapferkeitskatze besorgt.
„Ach, werte Sally“, seufzte der Mönch, „das Fest erinnert mich an damals, das Dorffest in Niederstotzingen und an mein Mariechen. Ich hatte eigentlich gehofft, sie hier zu sehen.“
Eine zarte, ältere Dame, die Bruder Martin schon den ganzen Abend lang verstohlen beobachtet hatte, wie Sally aufgefallen war, erhob sich bei diesen Worten und trat zögerlich auf die beiden Ehrengäste zu.
„Martin?“, fragte sie leise mit zittriger Stimme.
„Marie?“, die Augen des Mönchs strahlten vor Freude.
Die beiden fielen sich halb lachend, halb weinend in die Arme.
In diesem Moment begannen die Spielleute mit einer langsamen romantischen Weise.
„Was meinst du Marie, sollen wir?“ Martin deutete zu den tanzenden Paaren.
Maries Lächeln war Antwort genug.

Gegen Mittag des nächsten Tages, war es für die Tapferkeitskatze Sally an der Zeit nach Hause zurückzukehren. Begleitet wurde sie vom Gaisburger Bürgermeister, Bruder Martin und seiner wiedergefundenen Marie sowie einigen anderen Gaisburgern, die einen Wagen zogen, auf dem der erschlagene Dracobert lag.
Der stolze graue Hengst jedoch, der Geist des Lonetalpferdes, war nicht mehr dabei. Er hatte sich zu Beginn des Festes, nach Erfüllung seiner Aufgabe, buchstäblich wieder in Luft aufgelöst. Wer weiß, wem er irgendwann vielleicht wieder erscheinen mag?



Es war kaum eine Woche vergangen, dass die beiden samtpfötigen Heldinnen und ihre Freunde ins Schloss von König Gunther zurück gekehrt waren, als die Vorbereitungen für die königliche Hochzeit in vollem Gange waren. So stolz war König Gunther auf seine beiden Töchter, die sich durch ihren Einsatz als wahre Regentinnen des Landes erwiesen, dass er ihnen jeden Wunsch erfüllte. Nicht zuletzt auch ihren größten Herzenswunsch, die Heirat mit ihren Liebsten, Robert und Timon, die vom König zu Prinzen geadelt wurden. Doch nicht nur das, die beiden Prinzen erhielten auch noch einen Anteil des Piratenschatzes, damit sie für ihre zukünftigen Gemahlinnen gut sorgen konnten.
Auch auf die Freunde und Helfer von Piratenpaula und der Tapferkeitskatze Sally hatten die Prinzessinnen Lea und Sarah nicht vergessen. So wurde das ehemalige Schankmädchen Annika nicht nur zur Brautjungfer erkoren, sie durfte auch auf Lebenszeit im Schlosse wohnen bleiben und wurde wie eine weitere Tochter des Königs behandelt.
Billy und Spike, die beiden Hunde, erhielten eine wohlig warme Stube im Schloss und jederzeit genügend zu fressen, sodass sie bald kugelrund wurden. Doch wehe dem, der sie unterschätzte! Denn zum Dank für König Gunthers Großzügigkeit bewachten sie das Schloss vor jedem fremden Eindringling und sie waren die besten Wächter, die man sich nur vorstellen konnte.
Auf Bitte von Prinzessin Lea wurde auch die schöne Lau bedacht. Ihr schenkte der König den Schlossteich und viele, viele bunte Fische zur Gesellschaft und allen Kindern in der Umgebung war es in Zukunft erlaubt, im Teich zu schwimmen, damit die Nixe nie wieder einsam zu sein brauchte.
Bruder Martin und seine Marie lehnten jedoch das Angebot ab, im Schloss wohnen zu bleiben. Sie wollten lieber zurück in ihr Heimatdorf und so wurden sie mit einem kleinen, aber gemütlichen Häuschen samt Garten am Rande von Niederstotzingen bedacht, das ihnen der König erbauen ließ.
Und wie wurden die Bürger einer ganzen Stadt für ihre Hilfe belohnt? Prinzessin Sarah hatte den besten Einfall. Die Gaisburger erhielten ein eigenes Stadtwappen, einen silber-grün geschuppten Drachen, der sich um einen Kessel mit dampfendem Eintopf wand. Gerührt über diese Auszeichnung dankte ihr der Bürgermeister und ernannte die Prinzessin zur Ehrenbürgerin der Stadt.
So waren alle glücklich und zufrieden und freuten sich auf das kommende Fest.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann...

Moment, die beiden wichtigsten Personen, die Heldinnen der bestandenen Abenteuer, fehlen doch noch, oder?
Genau, auch ihnen wurde zur Belohnung für ihren Mut und Einsatz vom König ein Wunsch erfüllt. Doch es war nicht König Gunther, der dies vollbrachte.

„Hramm, hromm, hruomm“, Baumkönig Berthold Birke musterte die beiden tapferen Gesellen, die sich mit gezogenem Hut vor ihm verneigten.
„So seid ihr nunmehr erfolgreich von euren Abenteuern zurückgekehrt. Ich wusste, dass ich mich, hroamm, nicht in euch getäuscht habe.“ Behutsam hob das Baumwesen die beiden Katzen hoch.
„Auch euch soll, hrmmm, euer mutiger Einsatz für das Reich entlohnt werden. Was kann ich also für euch tun?“, fragte Berthold Birke.
„Kannssst du unsss bitte wiederrr zurrrück verrrwandeln?“, bat die Tapferkeitskatze Sally.
„Nun, hromm, das ist alles?“
Piratenpaula mischte sich in das Gespräch ein. „Und wirrr hätten gerrrne wiederrr all unssserrre sssieben Leben und diesssmal sssollte jedesss davon sssehrrr lange halten.“
Der Baumkönig schmunzelte. „Das sollte möglich sein, hramm.“
„Und wirrr möchten immerrr ein warrrmesss Plätssschen, genug sssu essssen und jemanden, derrr unsss liebhat.“, setzte die Tapferkeitskatze Sally die Wunschliste fort.
„Hramm, hromm. Ihr seid nicht gerade bescheiden, ihr beide.“, erwiderte Berthold. „Doch gut, so sei es.“
Wie schon einmal waberte grüner Nebel rund um die beiden Heldinnen und als er sich lichtete, waren nicht nur die Kostüme der beiden Katzen sondern auch der Baumkönig selbst verschwunden.
Genüßlich streckte Piratenpaula ihre vier intakten Pfoten und blinzelte mit beiden Augen in die Sonne.
„Gute Idee von dir Sally, das mit dem Essen und dem warmen Platz.“, schnurrte Paula zufrieden.
„Mhm“, erwiderte die Freundin geistesabwesend. Traurig betrachtete sie ihren kurzen Stummelschwanz.
„Oje“, meinte Paula, als sie das sah und leckte Sally tröstend übers Gesicht. „Ich fürchte, gegen einen Drachenbiss hilft auch keine Baummagie.“
„Sieht so aus“, seufzte die Tapferkeitskatze leise.
Gemeinsam gingen die beiden Kätzchen zurück ins Schloss.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

ENDE


hochzklein


Für alle, die glauben, dies war alles nur ein Märchen, hier ein Rezept aus einem alten schwäbischen Kochbuch:


Gaisburger Marsch

Zutaten für 6 Portionen:

500 g Suppenfleisch (Rind)
500 g Knochen (Suppenknochen, Rind)
1 Zwiebel, halbiert, leicht angeröstet
1 Knollensellerie, geputzt
1 Karotte, geputzt
Petersilie, geputzt
Brühe
Salz
Pfeffer
500 g Kartoffeln
3 Tassen Spätzle, gekochte
1 Zwiebel, fein gehackt, bereits angebräunt
Schnittlauch, in Röllchen geschnitten

Zubereitung:

Suppenfleisch, Suppenknochen, Sellerie, Karotte und die Petersilie in der Brühe 2 Stunden weich kochen. Die Brühe durchseihen und nach Bedarf würzen. Die Kartoffeln schälen, in Stücke schneiden und so lange in der Brühe köcheln lassen, bis sie gar sind. Inzwischen das Suppenfleisch in Würfel schneiden und ebenfalls in die Brühe geben. In einer Terrine anrichten.

Die Spätzle in Butter anschwenken und über das Fleisch und die Kartoffeln schichten. Die angebräunten Zwiebeln und den frisch geschnittenen Schnittlauch darüber geben. Heiß servieren.

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Hier eine Kindergeschichte von Drei für meine Kinder! Es...
RobinPicardo - 29. November, 11:39
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RobinPicardo - 29. November, 11:33
thx a lot... hab aber...
thx a lot... hab aber nach ein paar Versuchen festgestellt,...
RobinPicardo - 17. Juni, 13:37
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ein haiku. 5-7-5. well done!
SehnsuchtistmeineFarbe - 8. Juni, 10:38
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